Aktueller denn je: „Damals war es Friedrich“

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Bis vor etwa einem Jahr hätten wohl viele gesagt: So was wie in den 30ern kann heute in Deutschland nicht mehr passieren… dass ein Demagoge ein ganzes Land und seine Bewohner in einen Weltkrieg reißt und Verbrechen verübt, wie man sie sich vorher nicht vorstellen konnte.

Doch mit dem Erstarken der AfD ist klar: Deutschland ist wieder anfällig geworden für rechte Propaganda. Besorgte Bürger echauffieren sich, weil ihnen Fremde angeblich etwas wegnehmen wollen, die eigentlich nur froh sind, dass sie es geschafft haben, aus einem Kriegsgebiet zu flüchten.

In diesen Tagen erinnerte ich mich an ein Buch, das ich in der Schule gelesen habe, es muss in der 8. oder 9. Klasse oder so gewesen sein. „Damals war es Friedrich“ von Hans Peter Richter.

Es beginnt sehr still und unauffällig. Der namentlich nicht genannte Ich-Erzähler erzählt von einem Jungen aus der Nachbarschaft, den er kennenlernt: Friedrich. Beide sind gleich alt, spielen zusammen, gehen später gemeinsam zur Schule. Alles ist normal. Bis immer deutlicher wird, worin sich Friedrich unterscheidet. Er ist Jude. Das ist dem Ich-Erzähler egal. Friedrich ist sein bester Freund. Die Religion steht nicht im Mittelpunkt, wenn sie sich treffen. Doch ihre Umgebung fängt an, sich schleichend zu verändern. Noch vor der Machtübernahme der Nazis ändert sich die Stimmung gegenüber Friedrich und seiner Familie. Der Hausmeister hat endlich einen Grund, die Familie zu gängeln. Friedrich muss irgendwann einen gelben Stern tragen. Er darf nicht mehr in die Schule.

„Damals war es Friedrich“ tut weh. Es schmerzt so sehr, weil man jeden Moment, in dem ein weiteres Mal eine Schikane gegen Juden deutlich wird, aufschreien möchte. Und dennoch hat man Verständnis für den Ich-Erzähler und seine Eltern. Denn die sind keine Nazis, aber sie nehmen die Veränderungen hin – zum Teil, weil sie sich nicht trauen, etwas zu sagen, zum anderen, weil sie das Gefühl haben: Da ist endlich jemand, der endlich für die Verbesserung ihrer persönlichen Lebensumstände sorgt (der Vater des Ich-Erzählers war lange arbeitslos – nach der Verdrängung der Juden aus vielen Berufen hat er wieder Arbeit).

Das Buch spielt mit den vielen Facetten, die Menschen und auch die Gesellschaft selbst haben. Da sind die Opportunisten, da sind die überzeugten Täter. Da sind aber auch die, die einfach nur wegschauen. Und da sind auch die, die sich gegen das Unrechtsregime stellen. Und da ist Friedrich, der für das alles nichts kann und vom Sog der Geschichte mitgerissen wird. Ein Jugendlicher, der ein anderes Leben gehabt hätte, wenn er eben nicht im Deutschland der 30er Jahre aufgewachsen wäre. Und da ist der Ich-Erzähler, der eigentlich immer hinter seinem besten Freund steht. Eigentlich. Denn auch er will gerne irgendwo reinpassen. Ein junger Mann, den das Gewissen zerreißt.

„Damals war es Friedrich“ ist ein leises Buch, das aus vielen kurzen Kapiteln besteht, einige sind gerade mal 3 oder 4 Seiten lang. Sie erzählen kurze Episoden und hängen nicht unbedingt zusammen, ergeben jedoch ein Bild.

Wenn ich mir die Wahlergebnisse der letzten Wochen anschaue, schaudert es mir. Genauso hat es in den 30ern auch angefangen. Hitler war nicht von einem Tag auf den anderen auf der Bildfläche erschienen. Er hat sich in die Herzen der Menschen, die verzweifelt waren und ihre Situation verfluchten, geschlichen und hat sie mit Hassparolen vergiftet. Und dieses Bild habe ich jedes Mal vor Augen, wenn ich die Demos der Pegida oder die Auftritte der AfD-Mitglieder sehe. Ich habe Sorge, dass sie es ebenfalls schaffen, dass die Aufrechten irgendwann in der Minderzahl sind. Ich habe Sorge, dass leicht zu manipulierende Menschen, die unnötige Ängste haben, sich vom Rechtsstaat verabschieden und zu denen aufblicken, die auf andere herniederblicken.

Deswegen ist „Damals war es Friedrich“ für mich immer wieder die Erinnerung daran, dass ein Unrechtsstaat immer eine Vorlaufzeit hat und man stets auf der Hut sein muss, wenn man es nicht dazu kommen lassen will, dass Hass siegt. Es ist ein kleines, dünnes Büchlein, das so unglaublich viel Inhalt hat. Es ist ein Buch, das ich immer mal wieder zur Hand nehme und lese, weil es einfach eins der wenigen Bücher ist, das mit tief berührt hat.

Und jedes Mal am Ende weine ich.

Foto: dtv Verlag

Foto: dtv Verlag

Fuller House – Zurück in die 90er

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Jetzt ist sie also endlich erschienen: Die Nachfolge-Serie zu „Full House“. Wer in den 80er und 90er Jahren großgeworden ist, der ist irgendwann (wenn auch nur beim Zappen) dort hängengeblieben. Bei Onkel Jesse, D.J. und Joey gab es immer Chaos, und auch immer was zu Lachen. Die Darsteller von damals sind auch heute noch gefragte Schauspieler oder It-Girls (die Olsen-Zwillinge haben ein ganzes Mode-Imperium aufgebaut). Und jetzt kommen sie nostalgisch alle wieder auf Netflix zusammen, in einem Setting, das dem von vor 20 Jahren wie ein Spiegelbild gleicht:

D.J. Tanner, die älteste Tochter der alten Serie, hat mittlerweile drei Söhne, ist aber nach dem Tod ihres Mannes alleinerziehende Mutter. Um sie dabei zu unterstützen, ziehen ihre Schwester Stephanie und ihre beste Freundin Kimmy (samt Tochter) bei ihr ein. Ab und zu schauen mal Vater Danny, Onkel Jesse oder der ehemaliger Schnorrer-Mitbewohner Joey vorbei. 

Und ZACK! …ist man wieder mittendrin. In den 90ern. Was für ein heimeliges Gefühl. Es ist ein bißchen so, als wäre man in einem Museum voll mit Möbeln, die mal bei der Oma standen. Niemand würde sich heute noch so einrichten, aber wenn man mal da ist, will man sich sofort auf der gemütlichen Couch fläzen. 

Es ist schön, die alten Gesichter zu sehen. Und auch die neuen machen Spaß (ok – nur den mittleren Sohn kann ich nicht leiden. Was für eine Nervnüse!) – allen voran Fernando, der argentinisch-lispelnde Noch-Ehemann von Kimmy. Definitiv mein neuer Lieblings-Charakter. 

Und ich mag, wie die Schauspieler sich und die Serie selbst auf den Arm nehmen:

Kimmy: Ist es nicht irgendwie traurig, dass man die alte Besetzung für eine lahme Reunion-Show hervorkramt?

Danny: Nicht, wenn die Sendung von allen geliebt wurde und die Stars ganz populäre kulturelle Ikonen sind. 

Herrlich! 
Oder wenn mit einem Augenzwinkern die Vierte Wand durchbrochen wird, um dem Zuschauer zu erklären, warum der Charakter der Michelle nicht dabei ist. 

Endlich sind die Meister des Overacting zurück. Die Helden der dramatischen Pausen für den Applaus des Studiopublikums. Ich bin wieder in der Pubertät, als ich für Onkel Jesse schwärmte (damals fand ich sogar seine Nackenmatte toll! Ich bitte um Absolution). Und ich habe den spontanen Wunsch, irgendjemanden zu umarmen. 

Jesse: Wir haben uns dauernd umarmt in den 80ern.

  
Foto: Michael Yarish / Netflix

Edel und einfach schön gemacht

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Nicht selbst gelesen (zumindest nicht komplett) – aber: Verschenkt! An den Lieblings-Gatten. Der ist Architekt und freut sich immer über Dinge, die mit seinem Job zu tun haben. Daher gebe ich an dieser Stelle einfach mal seine Einschätzung des Buches von Maríon Bayer wieder.

Zugegeben: „Eine Geschichte Deutschlands in 100 Bauwerken“ ist jetzt nix, was das Architektenherz zu noch nie gekannten Jauchzern verleitet – immerhin wurden die meisten dieser Gebäude oder Gebäude-Arten im Studium mehr als einmal durchgekaut.

Aber: Das Buch gibt eine schöne Übersicht über verschiedene Baustile, Hintergründe eines Gebäudes und seine geschichtliche Einordnung. Der Aufbau der einzelnen Beschreibung ist dabei immer gleich: Ein Bild des Bauwerks, danach drei Seiten Erklärung – beginnend mit dem Frühmittelalter bis hin zu aktuellen Bauwerken. Das Ganze passiert ohne viel Firlefanz, sondern klar strukturiert und dennoch interessant.

Ich selbst hab mir ein paar der Bauwerke durchgelesen und war ebenfalls sehr angetan. Die Auswahl ist gelungen, interessanterweise ist auch das Schloss Versailles mit aufgenommen worden. Das ist vor dem Hintergrund passiert, dass der Vertrag von Versailles die Geschichte Deutschlands maßgeblich geprägt hat. Die Schreibweise gefiel mir ebenfalls sehr gut. Wo es sich anbietet, steigt die Autorin nicht objektiv in den Text ein, sondern eher Reportage-artig:

Wind rauscht durch die Baumwipfel im Odenwald. Ein Waldweg steigt sacht zur Burgruine empor, die etwas versteckt zwischen Buchen und Kiefern auf einem Bergsporn thront.

Insgesamt hat mir das Buch ebenfalls sehr gut gefallen – ok, das, was ich davon gelesen hab. Es macht mit seinem Hardcover und dem schwarz-goldenen Umschlag einen wirklich hochwertigen Eindruck; und für alle Nicht-Architekten ist hinten im Anhang eine Erklärung der architektonischen Fachbegriffe… auch hier: gut mitgedacht.

 

Bild: Bastei Lübbe

Bild: Bastei Lübbe

…hätten die mal besser NICHT geheiratet!

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Es könnte alles soooo romantisch sein! Majésu Monroe ist ein notorischer, aber charmanter Schwindler. Noème Parker kommt aus gutem Hause, will sich aber von ihrer Familie emanzipieren. Beide sind überzeugt: Man braucht nur Liebe zum Leben, aber keine materiellen Güter. Und weil sich beide ihrer Basis so sicher sind, wird schnell geheiratet.

Blöd, wenn dann aber die reichen Eltern sterben und plötzlich Unsummen von Geld zur Verfügung stehen – dann geht’s nicht schnell genug und die Intrigen beginnen.

Noème starrte mich sprachlos an. Ihr war klar, dass ich zu allem fähig war, nicht aber, dass ich ihre Situation noch verschlimmern würde. Jetzt stand sie mit dem Rücken zur Wand und sah keinen Ausweg. (…) Ihr Wunsch, mich zu töten oder zumindest sterben zu sehen, war geradezu greifbar.

Die beiden „Helden“ schenken sich wirklich nichts, die Situationen, in die sich sich gegenseitig bringen, werden immer abstruser.

„Das Hochzeitsgeschenk“ von Franz Bartelt gefiel mir sogar noch besser als „Paradiesische Aussichten“ vom gleichen Autor, das ich kurz vorher gelesen hatte, das mir aber Richtung Ende zu sehr ins Groteske abdriftete. Die Geschichte hier entspinnt sich zielstrebig, aber nicht zu schnell. Es macht Spaß, die Wandlung der Charaktere zu beobachten und sich zu fragen: Warum tut ihr euch das eigentlich an?

Ich bin kein großer Fan der Ich-Perspektive, hier fiel sie mir interessanterweise nicht negativ auf. Was ich ebenfalls sehr gelungen finde, ist die optische Aufmachung, definitiv etwas, nach dem ich greifen würde, wenn es in einem Buchladen in der Auslage liegt.

 

Bild: Bastei Lübbe

Bild: Bastei Lübbe

Listen, Listen, Listen…

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Was. ein. Schmöker!

„Lists of Note“ ist wahrlich kein Leichtgewicht. Im A4-Format, dick, mit Hardcover, liegt es schon seit ein paar Tagen bei mir auf dem Schreibtisch. Jetzt bin ich endlich dazu gekommen, das Buch zu lesen. Und wie bei seinem Vorgänger „Letters of Note“ fiel es mir wirklich schwer, es aus der Hand zu legen.

Der Herausgeber Shaun Usher hat verschiedene Listen aus allen möglichen Jahrtausenden (ja: JahrTAUSENDEN) zusammengetragen und sie mit einem kurzen Einleitungstext versehen. So finden sich darin zum Beispiel sehr hilfreiche Tipps für Frauen, was sie auf dem Fahrrad unterlassen sollten (1895):

Kleiden Sie sich nicht wie eine Vogelscheuche.

Fallen Sie nicht auf offener Straße in Ohnmacht.

Schreien Sie nicht, wenn Sie einer Kuh begegnen. Wenn sie Sie zuerst sieht, wird sie davonlaufen.

In die gleiche Kerbe schlägt eine Zeitschrift für junge Damen (1830):

Sind diene Hände und Arme schön, so spricht nichts dagegen, Harfe zu spielen, sofern du das Instrument beherrscht. Sind sie eher plump geraten, so widme dich besser der Gobelinstickerei.

Überhaupt sind die meisten Listen aus der heutigen Sicht meist mit einem Schmunzeln zu sehen, so auch der Versuch des Autors F. Scott Fitzgerald, das Wort „cocktailen“ zu konjugieren (1926):

Konjunktivischer Irrealis: Ich hätte gecocktailt gehabt haben müssen.

Ich wusste gar nicht, was es alles für Fälle gibt! Auch schön ist seine Aufstellung für Truthahnrest-Rezepte (Datum unbekannt):

Truthahn à la Francais: Einen großen, reifen Truthahn zum Braten vorbereiten und mit alten Uhren und Ketten und Affenfleisch füllen. Anschließend wie Cottage-Pudding zubereiten.

Ganz großes Kino!

Spannend fand ich auch die Arbeiterfehlzeiten mit Begründung aus Ägypten (unbekannter Autor, ca. 1.250 v. Chr.):

Inhurkhawy: 4. Frühlingsmonat, 17. Tag (Menstruation der Ehefrau),

Amenemwia: 3. Wintermonat, 6. Tag (Einbalsamierung des Leichnams seiner Mutter)

Und die Neugier-Liste des Universalgelehrten Leonardo Da Vinci hat mich besonders beeindruckt – er hat 1489 aufgeschrieben, welche Dinge am menschlichen Körper er noch erforschen will:

Schließen der Augenlider

Spitzen der Lippen

was ist Niesen

Hunger

Schlaf

Insgesamt ist „Lists of Note“ ein sehr kurzweiliges und spannendes Buch. Es zeigt persönliche Momente bekannter Persönlichkeiten, aber auch alltägliche Begebenheiten und absurde Ideen. Vor allem als Geschenk macht es wirklich was her. Mir hat es vor allem gefallen, weil der Mix stimmt. Es wird nicht langweilig, sondern hat immer wieder eine neue Überraschung parat.

Foto: Heyne

Foto: Heyne

VOX – mit einem Überraschungs-Hit

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Asche über mein Haupt! Als ich die ersten Trailer zu „Club der roten Bänder“ gesehen hab, dachte ich zuerst: Och nöööö… ne Serie mit Krebskranken? Muss das sein? Und dann auch noch auf VOX, das sonst nur Bräute, Köche und Hotelliers gegeneinander antreten lässt und vermeintliche Promis bei der Auswanderung begleitet?… Och nöööhöööö…

Und dann… hab ich nur durch Zufall reingeschaltet und die letzte Viertelstunde mitbekommen.

Ich. konnte. nicht. wegschalten!

Also Tags drauf beide Folgen komplett in der Mediathek geguckt.

Was für ein Glücksgriff! Der „Club der roten Bänder“ ist so ungemein berührend, traurig und lustig zugleich. Ich habe mitgelitten, als einer der Jungs eine weitere deprimierende Diagnose bekommen hat, und ich hab laut gelacht, als es hieß: „Glatze, nur ein Bein – schlimmer kann’s nicht kommen.“

Endlich gibt es mal eine Krankenhaus-Serie, in der nicht alles heiti-teiti-Heile-Welt ist. Krankheiten sind nicht nach 45 Minuten besiegt, Krebs ist nicht hip, und Krankenhäuser sehen nicht einladend aus. Dass sich der im Koma liegende Junge telepathisch mit einem der anderen unterhält, nehme ich mal als Stilmittel einfach so hin, irgendwie muss ein Erzähler ja funktionieren (und die Erzählerin bei „Desperate Housewives“ war immerhin tot, also nicht meckern!). Und ich finde es auch nicht tragisch, dass bei den Krankheiten mit Stereotypen gearbeitet wird (Krebs macht immer Glatze, nur Mädchen haben Essstörungen).

Der „Club der roten Bänder“ ist eindringlich, er trifft einen dort, wo man selbst verletzlich ist, nämlich bei der Frage: Wie würde ich mit so einer Situation umgehen. Die Tragik entsteht, weil die Kranken keine Erwachsenen sind, sondern Kinder, die vom Leben noch nicht allzuviel hatten. Man fiebert mit, man hofft, man weint – und man lacht… einfach, weil jede noch so ausweglose Situation mit etwas Humor immer etwas leichter zu ertragen ist.

VOX ist mit dieser Eigenproduktion einen sehr mutigen Weg gegangen. Keine Action-, Comedy- oder Liebes-Serie, sondern einfach etwas Unerwartetes, das da im Moment Montags Abends im Privatfernsehen wartet. Das hätte ich VOX so nicht zugetraut – schön, dass ich auch noch überrascht werden kann. Absoluter Guck-Befehl!


Foto: VOX

Pinguine. Die Geißel der Menschheit. 

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Pinguine sind gar nicht die putzigen kleinen Tiere, die uns die Animationsfilm-Welt glauben machen will. Mitnichten! Pinguine sind fiese, gehässige Kreaturen, die nur darauf warten, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Hömmaichschwöööhr!!!!!

Volker Dornemann hat sich für seinen Cartoon-Band „Böse Pinguine“ hinausbegeben in die Welt der Frackträger und sie heimlich – unter Einsatz seines Lebens – beobachtet. Herausgekommen ist eine tolle Sammlung von Situationen, die zeigen, wie gemeingefährlich Pinguine tatsächlich sind.

Das Cover lässt schon darauf schließen, in welche Richtung das Buch geht. Die Ideen der einzelnen Cartoons sind einfach grandios. So lernt der Leser, wer WIRKLICH für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich war, und was die Pinguine zur Zeit der Französischen Revolution tatsächlich getrieben haben. Und auch die Science-Fiction-Fans kommen auch ihre Kosten: Mr. Spock trifft Pinguin. Großartig.

Für meinen Geschmack sind die Zeichnungen, die mit wenig oder keinem Text auskommen, am besten. Je mehr der Cartoon beschriftet ist, desto mehr verliert er an Humor. Aber das ist vermutlich Geschmackssache. Insgesamt ist „Böse Pinguine“ aber ein feinhumoriges Werk, das Spaß macht und einen mit einem gehässigen Grinsen zurücklässt.


Foto: Bastei Lübbe

Unbreakable Kimmy Schmidt

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4 Minuten! Ernsthaft… nur 4 Minuten hat es gebraucht, und ich war angefixt. „Unbreakable Kimmy Schmidt“ hat mich erwischt.

Kimmy Schmidt ist eine von vier entführen Frauen, die über Jahre in einem Bunker von einem religiösen Fanatiker gefangen gehalten wurden. Nach ihrer Befreiung geht sie nach New York und beginnt dort ein neues Leben.

Was klingt wie eine Drama-Serie ist allerdings eine Comedy-Serie – und was für eine! Kimmy hat mehr positive Energie als Daniel Küblböck auf Ecstasy. Egal wie ausweglos die Situation sein mag: Kimmy kann ihr immer noch was Gutes abgewinnen.

Ihr Leben in New York beginnt mit dem typischen Mix aus ungewöhnlichen Neben-Charakteren: Der schwarze, dicke Schwule, die weltfremde Schicki-Micki-Arbeitgeberin, die kiffende Vermieterin. Sie alle bringen Schwung in die Geschichte, dazu kommt die höchst eigene Aufarbeitung ihrer Zeit als „Maulwurf-Frau“, wie die Befreiten genannt werden – das passiert in Rückblenden.

Die Comedy-Einlagen sind großartig. Allein in der Befreiungsszene, wenn in den Nachrichten eingeblendet wird:

Drei weiße Frauen befreit. Und eine Latina.

Oder wenn Kimmy ihr WG-Zimmer/Abstellkammer in New York bezieht und begeistert die Größe abschätzt:

Das ist 2 Cindys mal 1 Gretchen groß!

Kimmy hat ihre ganz eigene Sicht auf die Dinge, und das treibt ihre Umwelt regelmäßig in den Wahnsinn. Die witzigen Szenen sind großartig! Die Charaktere machen Spaß, und die Momente im Bunker sind so absurd, dass man sich ständig vor Lachen schütteln möchte.

Schade, dass nach 25 Minuten immer alles vorbei ist – aber man freut sich wie Bolle auf die nächste Folge.

„Unbreakable Kimmy Schmidt“ läuft bei Netflix. Die 1. Staffel ist online, die zweite ist fürs Frühjahr 2016 angekündigt.

Foto: Netflix

Foto: Netflix

 

Er ist wieder wieder da

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Uuuuuh, was hatte ich ein schlechtes Gewissen, als ich „Er ist wieder da“ von Timur Vermes gelesen hab. Da SIND aber auch echt ein paar Stellen drin, bei denen man lächelt, laut lacht, gehässig loslacht… und sich fast heimlich umdreht und guckt, ob einen niemand dabei beobachtet hat.

Die Story: Im Berlin der Jetzt-Zeit wacht Adolf Hitler plötzlich auf und merkt, dass der Krieg vorbei ist und alles ganz anders ist, als er es sich gedacht hat. Doof, dass ausgerechnet der erste, der ihm hilft, ein türkischer Kioskbesitzer ist. Und während alle um ihn herum glauben, dass dieser Typ mit Hitler-Bart ein verdammt guter Komiker ist, macht sich Hitler dran, wieder zu alter Form zu kommen.

Spätestens seit „Er ist wieder da“ hat sich die Frage „Darf man über Hitler lachen?“ erledigt. Man darf. In diesem Falle muss man sogar. Denn die Verfilmung des Buches ist gerade im Kino angelaufen. Der Regisseur hat dabei Spiel-Szenen mit Doku-Szenen vermischt – und spätestens die Doku-Szenen zeigen, wie interessant Hitler immer noch ist. Man nimmt ihn nicht nur wahr, sondern schüttet ihm sein Herz aus. Dass das „normale“ Leute von nebenan tun, schmerzt im Jahr 2015.

Passend zum Kinostart ist jetzt die erweiterte Studienausgabe erschienen. Darin gibt es natürlich den Roman, aber auch verschiedene Interviews, u. a. mit einem israelischen Verleger, Auszüge aus „Mein Kampf“, einen sehr bizarren südkoreanischen Comic, und Bilder aus dem Film. Ein rundes Werk mit schönen und spannenden Ergänzungen.

Begeistert hat mich übrigens auch das Layout: Denn während das „normale“ Buch weiß gehalten ist, hat die erweiterte Ausgabe ein schwarzes Cover. Ein echter Hingucker.

Foto: Bastei Lübbe

Toll! Und gleichzeitig auch nicht…

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Zeitreise-Romane find ich ja durchaus sehr nett. Diese „was wäre wenn“-Gedankenspiele haben was für sich.

So hab ich mich einerseits gefreut, als mir „Zeitriss“ von Christopher Ride in die Hände gefallen ist. Andererseits war da dieses Gefühl: China als Handlungsort. Och nöööö. China hat durchaus eine spannende Geschichte, aber es ist einfach nicht mein Setting.

Dennoch hab  ich mich hingesetzt und das Buch (weitestgehend) vorurteilsfrei gelesen. Die Story: Im China der 1860er pfuscht ein Mann aus der Zukunft rum, um China zur Weltmacht zu bringen. Der 2. Opiumkrieg bildet die Rahmenhandlung, dazu kommt (wie man aber erst seeehr spät mitbekommt) die Geschichte um einen geheimnisvollen Baum.

Die Geschichte an sich ist sehr schön geschrieben, sie spielt auf drei Zeitebenen, die alle miteinander verflochten sind. Der Kampf um die Vorherrschaft im China des 19. Jahrhunderts ist spannend dargelegt, die Charaktere sind zum Teil historisch, der Rest – die fiktiven – passt gut in die Story rein.

Jetzt aber zu den ganz großen ABERs:

Der Klappentext ist Schrott!

Das kann ich leider nicht anders sagen. Er suggeriert einen völlig anderen Protagonisten. Die Situation der Gesellschaft, wie sie im Klappentext beschrieben ist, habe ich nirgendwo im Buch wiedergefunden. Wirklich nirgendwo!

Die Hauptperson des Klappentextes ist im Buch tatsächlich eher eine Nebenperson. Dazu kommt, das das, was im Klappentext beschrieben ist, erst im letzten Sechstel oder Siebtel (ehrlich!!!) auftaucht. Man liest also das Buch fast komplett durch und fragt sich: Wann kommt denn der Plot, der im Teaser versprochen worden ist?

Weiteres Manko: Das Buch ist offenbar Teil 2 von mindestens 3. Das wird aber ebenfalls nirgendwo genannt… nicht in einer Einleitung, nicht im Umschlagtext, nicht im Klappentext. Deshalb war ich auch teilweise sehr verwirrt, wenn die Nicht-Hauptperson auf Dinge zurückblickte, die im ersten Teil passiert waren (von dem ich aber nicht wusste). Das Buch stellte sich leider offiziell als einzelstehend dar – hätte ich irgendwo gelesen, dass es ein Teil 2 ist, hätte ich zuerst Teil 1 haben wollen.

Enttäuschend war für mich auch das Ende. Über 500 Seiten wird eine Geschichte aufgebaut, bis ins kleinste Detail beschrieben – und dann kommt kurz vor Ende der doch-noch-Held um die Ecke und rettet die Welt. Sorry, aber das war wirklich unwürdig.

Ich finde es schade, dass ich als Leser zum einen so getäuscht werde (Ungereimtheiten zwischen Inhalt und Klappentext) und zum anderen ein so einfaches Ende serviert bekomme.

Das macht die Geschichte an sich natürlich nicht komplett schlecht – wie gesagt: Sie hat große Stärken… aber insgesamt bleibt ein fader Beigeschmack.

Hier übrigens der Klappentext mit meinen Anmerkungen dazu:

„Wenige Jahre in der Zukunft: Ein unerklärliches Phänomen verwandelt die USA über Nacht in ein Entwicklungsland (echt? hab ich keine Beschreibung von gelesen. Alles scheint hochtechnisiert zu sein). Der Forscher Wilson Dowling entdeckt die Ursache in alten Geschichtsbüchern (nein, tut er nicht! Er wird von anderen darauf hingewiesen! Selbst macht er gar nix!), die offenbar plötzlich eine völlig neue Historie wiedergeben. Dort ist die Rede von einem Mann, der angeblich unsterblich ist und Kugeln mit der bloßen Hand fängt (DAS ist übrigens die Hauptfigur!). Er verändert im Jahr 1898 den Lauf der Geschichte: Mit seinen Fähigkeiten führt er die Rebellen des chinesischen Boxeraufstandes zur Weltherrschaft (hat man in der Zukunfts-Schiene aber nix von gemerkt). Wilson muss einen Weg finden, ihn aufzuhalten. Denn ansonsten wird es die Welt wie er sie kennt, nie gegeben haben.“

 

Foto: privat